Pfingsten
Sieben Wochen und einen Tag nach Pessach feiert das Judentum „Schawuot“ – das Wochenfest. Vorgestern hat es begonnen, heute geht es zu Ende. Als Christen feiern wir fünfzig Tage nach Ostern das hohe Pfingstfest – am ersten Tag der neuen Woche, am Sonntag.
Für die Hinterbliebenen der Jesusbewegung, die ja sämtlich Juden waren, wurden Erinnerungen wach. Sie waren mit ihrem Rabbi zum Pessach nach Jerusalem hinaufgestiegen, hatten dort das Abendmahl gefeiert. Dem Brauch gemäß pilgern sie nun zum Wochenfest erneut in die Stadt auf dem Berg. Jesus ist nicht mehr dabei. Diesmal werden keine Lämmer geschlachtet. Es wird mit dem ersten Ertrag des Getreides Brot gemacht. Heute sind es oft Pfannkuchen und vielerlei Milchspeisen. Im Judentum ist das Wochenfest ein erstes Erntedankfest. Auch die Urgemeinde schaut darauf, was noch übrig ist von ihrer Hoffnung und dem gemeinsamen Weg mit dem Mann aus Nazareth. Die Apostelgeschichte schildert uns die Zusammensetzung der Gruppe. Es sind Petrus, Johannes, Jakobus und die anderen Jünger zusammen mit den Frauen. Namentlich wird Maria, die Mutter Jesu, erwähnt, und pauschal werden seine „Brüder“ ergänzt. Der Ort der Zusammenkunft ist das „Obergemach.“ Hier hatte auch das Abendmahl stattgefunden.
Das eigentliche Pfingstereignis – so meinen wir – wird erst im zweiten Kapitel berichtet: ein Brausen vom Himmel, Feuerzungen, Heiliger Geist. Menschen aus verschiedensten Ländern erleben ein Sprachwunder. Ja, das ist das christliche Pfingsten: ein Fest der Verständigung, sprachlich und im Herzen. Aber ist es nicht schon auch ein Wunder, dass die Jesusgruppe sich überhaupt wieder gesammelt hatte, wo doch der Meister nur fünfzig Tage zuvor diesen fürchterlichen Kreuzestod gestorben war? Pfingsten ist Sammlung. Maria bildet die Mitte. Die Frauen tragen viel dazu bei. Beim Abendmahl fanden sie keine Erwähnung, jetzt schon!
Pfingsten ist eine Zusammenkunft „trotz alledem.“ Wie sehr wünschen wir uns das für diese Welt! Sprachgrenzen sind heute nicht mehr das Problem. Das eigentliche Wunder muss wieder geschehen: dass Menschen sich zusammenfinden, obwohl so vieles dagegenspricht. Diese Welt braucht ein Pfingsten 2.0. Deshalb ist es so wichtig, Pfingsten 1.0 zu feiern!
